Freitag, 1. Oktober 2010

GIBT ES EINE KOLLEKTIVE SCHULD.....?

Die Frage, ob es eine kollektive Schuld gibt, haben sich schon viele Menschen gestellt, spätestens nach den zwei Kriegen haben sie sich gefragt, wer schuld ist. Nach einem Krieg ist es stets sehr schwer, jemandem die Schuld zuzuschieben, die Schuldfrage zu klären. Was aber tust du, wenn es keinen Krieg gibt, einen Frieden, so wie hier in Europa? Wem gebt wir dann die Schuld an unserer Misere? Den Minderheiten? Den Ausländern? Wir grenzen weiter irgendwelche Menschen aus, die uns nicht lieb und wert erscheinen? Die Roma, die Moslems, die Frauen und Kinder? Wem sollten wir die Schuld geben? Nein, die Frage, ob es eine kollektive Schuld gibt für unsere Probleme auf dieser Erde kann ich mit ruhigem Gewissen mit Nein beantworten. Ich weiß es einfach. Ich kann dir nicht erklären, warum dies so ist, es ist meine innere Stimme, die zu mir gesprochen hat, in dem Moment, als ich diese Frage formulierte. Es gibt aber, so raunte diese innere Stimme zu mir, eine kollektive Verantwortung aller Menschen allen Wesen dieser Erde gegenüber und…, da stockte ich und blickte in das traurige Gesicht meiner Freundin, es gibt…ein kollektives Versagen der Menschheit. Man findet nicht das Versagen einiger weniger Menschen, sondern hier auf unserem schönen Planeten versagen viele, viel zu viele. Und darum spreche ich in diesem Zusammenhang von einem kollektiven Versagen der Menschheit gegenüber.
Ich will hier niemanden anklagen, niemandem die Schuld zuweisen, denn das habe ich in den wenigen Worte aus meinem Inneren vernommen. So kurz sie auch waren, so deutlich und klar war sie gewesen. Es gibt keine Kollektivschuld, nur eine kollektive Verantwortung und nach meiner Formulierung, ein kollektives Versagen der Menschheit. Wir versagen uns alles, und das meine ich bitterernst. Ich will auch betonen, dass es noch immer Menschen gibt, die guten Willens sind, etwas für diese Erde und ihre Bewohner zu tun, das lobe ich, doch…ich kann nicht umhin mir einzugestehen, dass es für uns alle furchtbar schwer ist, diese kollektive Verantwortung zu übernehmen.
Ich will dir, Clarissa, ein Beispiel liefern, damit du verstehst, was ich meine. Deine Chefin verstehe ich nur zu gut, und auch, dass sie einen Hass in sich trägt, diese Wut und diese Verzweiflung, weil sie zu wenig Liebe erfahren hat. Ich glaube, es liegt nicht in der Absicht der Menschenheit, dass sie zu wenig Liebe erfahren wollen, bei einigen bin ich mir da allerdings nicht sicher, die strotzen nur so von Hass und Verachtung ihrem Mitmenschen gegenüber. Nein, ich denke, dass wir alle nicht wissen, wie das ist, Liebe zu erfahren und Liebe weiter zu geben. Wir haben nicht diese vielen Erfahrungen gesammelt. Wir haben genügend Erfahrungen, was die abscheulichen Dinge betrifft. Jeder versteht sofort, wenn du ihm diese Geschichte von deiner Firma berichtet. Wer von uns ist nicht immer wieder gedemütigt, beleidigt, misshandelt, verlacht und verspottet worden im Laufe seines Lebens? Wer kann von sich sagen, dass er immer nur Liebe erfahren hat? Sieh sie dir doch an, dieser erbärmlichen und schrecklichen Menschen, die nur nach Rache, nach Krieg oder nach der Todesstrafe schreien. Kann man sich da vorstellen, dass sie jemals wirkliche Liebe empfangen haben, dass sie wissen, was das ist? Die große Mehrheit der Menschen weiß von der wahren Liebe nichts, sie kennen nur diese Lügenmärchen um die Liebe, lassen sich berieseln und beeindrucken von den Medien und sind zufrieden mit dem, was man ihnen vorsetzt. Hier, mir, geht es um die wahre Liebe, und um wahre Gefühle, dass man sie aussprechen kann, ohne für einen Vollidioten und eine Geisteskranken gehalten zu werden. Ich erinnere mich an eine wahre Begebenheit tief drinnen im Urwald mit einem älteren Indianer. Ich hatte ihn in dem Dorf, in dem ich seit kurzem wohnte schon öfter gesehen und mein innerstes Gefühl sagte mir, dass er mich nicht mochte, ich spürte förmlich diesen Hass. Eines Tages passierte folgendes. Es gab ein Fest im Dorf und ich stand herum und plauderte darauf los. Ich liebte diese Menschen wegen ihrer Einfachheit und Offenheit und ich sagte ihnen dies auch, warum ich lieber hier lebte als da draußen in der großen Stadt. Da näherte sich plötzlich dieser Indianer mir und alle Leute wichen zurück. Auch im ganzen Dorf wusste man, das bekam ich sofort mit, dass er mich hasste. Jeder schien das zu wissen, vom kleinsten Baby bis zum alten Greis. Dieser Mann nun, was glaubst du, was er getan hat. Er hat sich in die Mitte des Dorfplatzes gestellt und hatte laut verkündet, dass er mich grundlos gehasst hatte, seit ich hier aufgetaucht wäre. Er gab öffentlich seinen Hass zu, verstehst du, erzählte den anderen, dass ich nichts verbrochen hatte, außer, dass ich durch mein Erscheinen in ihm Wut und Hass geweckt hatte. Heute Nacht nun hatte er einen Traum gehabt und hatte erkannt, woher dieser Hass herrühre. Er ging auf mich zu, umarmte mich und dankte mir, dass er jetzt endlich diese ganze Wut und den Groll ablegen konnte, den er schon lange in sich verspürt hatte. Er bat mich um Verzeihung und zugleich sein Freund und Gast zu sein. Die Umstehenden fingen zu lachen und zu klatschen an. Ich bekam in diesem Moment mit, dass dies für sie ein gewohntes Ritual war. Der allgemeine Friede war wieder hergestellt worden im Dorf. Er vertrug sich mit mir, dieser Mann wurde mir zum besten Freund und er schenkte mir sein volles Vertrauen. Ich berichte dir diese Begegnung deshalb, weil dieses Verhalten eines einfachen Urwaldindianer uns zivilisierten Menschen zu denken geben sollte. Ein solches Verhalten wäre in unserer Gesellschaft undenkbar. Aber dies muss auch so sein, denn in unserer Welt geht es in erster Linie nicht um die einfachen Dinge wie Liebe und Frieden, wir wollen etwas anderes, den anderen ausstechen und niedermachen, wir wollen den anderen nicht wirklich wahrnehmen wie er ist. Wenn wir ihn schon bemerkten, dann muss er selbstverständlicherweise so sein, wie wir ihn uns zu Recht geschustert haben. Wir haben ein Bild von ihm entworfen und er muss diesem, unserem Bild, entsprechen. Diesen Indianern des Urwaldes kann man vieles vorwerfen, dass sie nicht zivilisiert sind, die Bäume roden, zu viele Kinder haben, die nicht lesen und schreiben können, doch die Seele können wir ihnen nicht absprechen, die Herzensfreude, die diese armen Menschen noch in sich verspüren und die ihnen trotz Zivilisation und Zwangsmissionierung durch die christlichen Kirchen niemand bisher nehmen konnte.