Freitag, 1. Oktober 2010

EUROPA BAND 10

„Ich habe diese Zustände, sie gelten ja bereits für den ganzen Planeten und sind nicht auf Europa beschränkt, mit einer schrecklichen Seuche in Verbindung gebracht, viel schlimmer als Cholera, die Pest oder Aids und wie sie alle heißen mögen unsere Zivilisationskrankheiten. Jedes Mal wenn ich hier auftauche, ist es schlimmer als vorher und ich frage mich, wie dies den Bewohnern dieser Länder egal sein kann. Sind alle hier gefühllos geworden, verroht wie bei einem Krieg, ist dies das Anfangsstadion eines Krieges? Zuerst kommt die stille Kontrolle, sie sitzen an den wichtigsten Schalthebeln und manipulieren die Masse und die Leute sterben wie die Fliegen an diesen Zivilisationskrankheiten. Dann erfolgt die zweite Phase, der stille Tod, den wir bereits überall erleben. Wir sehen die Menschen still und leise sterben. Sie gehen zugrunde vor unseren Augen, weil sie uns völlig gleichgültig sind und wir nur mehr unsere eigenen Interessen im Kopf haben. Schnell scharren wir alles zusammen, was uns noch verblieben ist, raffen, weil wir glauben, dass alles den Bach hinuntergeht und kümmern uns einen Dreck um unsere Mitmenschen, denen es noch schlechter geht. Wir lieben es, uns das Gefühl zu vermitteln, dass alles in Ordnung ist wie früher, dass die Lebensmittel und Wohnungen eh noch billig sind, wir noch glücklich sein dürfen, mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein, denn andere hat es noch härter erwischt, die sind völlig abgestürzt und bereits verloren. Unsere Raffgier jetzt, dieser Egoismus und dieser Hass dem nächsten Gegenüber, ist nicht mehr zu übersehen, genausowenig diese Hetze gegen bestimmte Gruppen, seien es Volksgruppen, die am Rande der Gesellschaft leben müssen, sei es gegen Personen aus rassistischen oder religösen Motiven. Dieser Hass, der sich auch in Europa breitgemacht hat durch diese Lügenpropaganda, dass in jedem von uns der Terrorist zu finden ist, macht mir Angst und enorme Sorgen. Haben die Menschen aus der Vergangenheit nichts gelernt? Ich sage dir, sie konnten es gar nicht. Denn nach den beiden Weltkriegen haben sie zwar das Land aufgebaut, aber sie haben sich nicht den wichtigsten Fragen des Lebens gestellt. Sie haben weiterhin ihre Kinder falsch erzogen, weiterhin ihre innersten Gefühle unterdruckt und sich hier dem Christlichen Idealbild noch mehr genähert. Je starrer die Menschen und sturer vor allem diese an ihren religiösen Wertvorstellungen anhingen, umso brutaler wurden diese Menschen. Das tritt heute in erschreckenden Maße zu Tage, wo herauskommt, das Dutzende Priester in ihrer Vergangenheit Menschen, Kinder, sexuell missbraucht hatten. Ich will hier nicht den Klerus verdammen und es ist auch nicht die alleinige Schuld der Kirche. Doch diese religiöse Erziehung, dieser Glaube an einen Gott, der alle erlöst, und einer dafür sterben muss, ist extrem schlecht. Viel besser wäre es, diesen Glauben aus den Köpfen der Menschen zu streichen, was wohl nicht möglich sein wird, denn dieser Glaube weht wie ein Gespenst über den ganzen Globus. Die Kirche ist eine der reichsten Institutionen, vor allem die Katholische, und schau dir ihre Heuchelei an, betrachte die Geschichte des Papsttums, es wimmelt nur so von Heuchlern, Mördern, denn nichts anders ist ein Papst, wenn er Krieg führt. Aber das weißt du ja. Heute haben wir noch ein anderes Problem hochgeschaukelt, die Moslemfrage und den weltweiten Terrorismus. Jeder von uns kann ein Mörder, ein Verbrecher sein, zum Terroristen mutieren. Wann erinnert sich die Menschheit der einfachen Worte eines Urwaldindianers, der zu mir gesagt hatte mitten im tiefsten Dschungel: Hier musst du dich bloß fürchten, vor einem wilden Tier oder einer Giftschlange. Da draußen bei den Menschen packt dich tiefe Angst und Schrecken. Was ist aus uns Menschen geworden, dass wir nicht mehr aus noch ein wissen? Nicht nur, dass wir alles verlernt haben, sogar die einfachsten Dinge, wie in Frieden miteinandern zu kommunizieren, Gefühle zu zeigen, keinen Hass aufkommen zu lassen. Wenn wir bei diesem Beispiel des Indianers bleiben, der mich grundlos gehasst hat, so zeigt dies doch, dass wir von der Vergebung sehr weit weg sind. Diese Völker, die trotz ihrer Armut mit der Seele in Verbindung stehen, sollten wir Menschen erneut schätzen lernen. Sie verfügen wahrlich über eine Schatz, der uns schon lange verloren gegangen ist. Von diesen Dorfbewohnern hat niemand diesen Indianer angegriffen, weil er sich öffentlich zu seiner Schuld bekannte. Sie haben mich wie ihn weiterhin bedingungslos geliebt und diese Streitschlichtung als gegeben hingenommen. Diese Indianer der Wildnis haben keine Ahnung wie wir wirklich sind und sie würden, wenn sie von diesem armen Mädchen erfahren, dem so übel mitgespielt wurde, dass es nur mehr töten konnte, die Tür nicht zuknallen. Sie würden dieses Kind liebevoll behandeln und glaub mir, dieses Kind wäre dort im Urwald keine Mörderin mehr. Sehr bald würde sie merken, dass sie unter liebevollen Menschen ist, die ihr wohlgesonnen sind und ihr nur helfen wollen. Wir hingegen – wir Zivilisierte, wir mit unserer Kultur, unserer Wirtschaft und unserer Technik, sind diesen Völkern, was die zwischenmenschlichen Beziehungen betrifft, chancenlos unterlegen. Das wissen wir innerlich, wir spüren es, dass es so ist. Doch viele von uns wollen es nicht wissen, sie wollen weiterhin dieses Muster, dieses ewige Spiel weiter spielen und die Menschen kontrollieren, weil sie sich sonst eingestehen müssten, dass sie armselig sind, doch ein wenig von dieser Liebe benötigen würden, doch dies schadet ihrem Ego. Sie haben sich nur prächtig aufgeblasen, wie so ein Plastiktier, das man mit Luft füllen muss. Irgendwann kriegt dieses die ersten Löcher. Es schrumpft etwas, die ganze Luft entweicht noch nicht, es verändert etwas die Form. Was tun diese armen Wesen, denn arm sind sie ja? Sie plustern sich weiterhin auf, blasen sich auf, bilden sich dieses und jenes ein, vergrößeren ihr Ego…bis eines Tages diesem armen Plastiktier gänzlich die Luft ausgeht. Dann schrumpft es ordentlich und wird in den nächsten Mistkübel geschmissen. Unbrauchbar heißt es dann, unbrauchbar sind auch heute viele Arbeitnehmer, weil sie nicht erkannt haben, dass sie nicht irgendein Tier sind, auch wenn sie sich wie Tiere behandel lassen. Das Tier, so habe ich mir sagen lassen, ist ja in diesen Breiten vom Gesetz her kein Lebewesen und das Tier „Mensch“ wird momentan gehandhabt, als handle es sich um eine Ware, die man jedem Bestanbieter nachwirft. Ist sie nicht mehr so schön wie gewunschen, landet sich nicht einmal im Misthaufen. Nein, diese Menschen landen in den psychiatrischen Anstalten, in den Gefängnissen und viele auf der offenen Straße, weil sie nichts mehr haben. Dies ist das, was mir nicht nur einmal, sondern viele Male Magenaufstoßen verursacht hat. In mir steigt da richtig die Wut hoch über so viel Ungerechtigkeiten in der Welt und dabei sind diese Tatsachen ja noch die harmlosesten. Wenn ich an den letzten Hurrikan, den uns die Amerikaner auf ihren Wunsch hin vor die eigene Haustür geschickt haben und an all das Elend der Menschen denke, die ihr Hab und Gut, viele ihrer Familienmitglieder und ihre gesamte Lebensgrundlage verloren habe, dann kann ich nur sagen, ich stehe diesen Wahnsinnigen, denn das sind sie in meinen Augen, nur fassunglos gegenüber und schweige. Das Schweigen ist das einzige, wozu ich noch fähig bin. Ich bin still, weil das Reden nicht mehr hilft. Ich begreife ihre Beweggründe, ich kapiere, warum sie zerstören und hassen müssen, doch ich lehnen ihre Methode und ihren Wunsch, weiterhin zu hassen und alles zu zerstören grundlegend ab. Es war mir bisher nicht leicht gefallen, Menschen zu überzeugen, dass es besser ist einen anderen Weg einzuschlagen, trotzdem werde ich es weiterhin versuchen, wenngleich die Chance auf Erfolg sehr gering ist. Sie ist besonders schlecht einzustufen bei den Menschen der nördlichen Hemisphäre, die sich einer Weltanschauung verschrieben haben, die der Hölle gleich kommt, auch wenn sie sich alle Christen nennen und im Namen Gottes zum heiligen Krieg gegen die Terrorgefahr hetzen. Unter diesen Wahnsinnigen gibt es noch immer viel zu viele hochangesehene Politiker, die felsenfest wie ein Diktator davon überzeugt sind, dass man Krieg führen muss und dazu alle Mitteln recht sind, die vor nichts zurück schrecken und ihre eigenen Landsleute opfern, weil ihnen die Herrschaft um die Erde wichtiger ist als das Wohl der einzelen Menschen. Diese Verbrecher kann man nicht bekehren, weil sie in dem Wahn leben, dass Gott auf ihrer Seite ist, wenn sie in ein Land einfallen, um die Bewohner ihrer Bodenschätze, besonders des Erdöls, zu berauben. Sie lassen sich als Götter und Erlöser feiern, heimschen Ehrenpreise ein, obwohl sie nicht das Geringste für das Wohl der Menschheit geleistet haben…und die große Mehrheit jubelt diesen Zerstörern nur zu und folgt ihnen nach. Wenn die Masse nicht so dumm wäre, das könnte man sich fragen. Nur leider hat man auch vergessen, dass genau dieses Volk ausgelaugt, unterdrückt, verarmt ist und dass es im Gegensatz zu diesen Mächtigen nicht an den richtigen Schalthebeln sitzt, um auf einen Knopf zu drücken, um ein paar Bomben abzuwerfen. Ich begreife, dass dir meine Geschichte vielleicht abgedroschen vorkommen muss, Clarissa,…“ „Nein, tut es nicht…ich lausche dir gerne…“ „Es ist das, was mich in all den Wochen und Monaten, eigentlich seit Jahren Tag und Nacht beschäftigt. Ich begreifen diese Menschen nicht, frage mich, warum sie nicht glücklich werden wollen. Warum sie nicht endlich mit etwas zufrieden sind? Und wenn ich versuche, ihnen nahe zu kommen, wirklich nahe zu sein wie bei meinen Indianern, stoße ich nur auf Ablehnung, weil diese Menschen keine Ahnung haben, was ich meine, nicht begreifen, worum es mir geht. Dass man Gedanken haben kann, Gefühle ausdrucken soll, sich jemanden offenbaren kann, dass man aber sicherlich niemanden bewusst verletzten, manipulieren sollte und schon gar nicht dieses grässliche Spielchen „Ätsch, ich bin der Stärkere, der Schlauere und Klügere, ich habe das meiste Geld und darum bin ich derjenige, der alle Fäden zieht“ ständig auf die Lebensbühne bringt, dies verstehen die allerwenigsten und ich habe mir gesagt, dass manchmal das Schweigen besser ist als dieses Reden, da sie einfach nicht begreifen wollen. Und darum spreche ich ja auch von einem kollektiven Versagen, weil hier wirklich alle versagen. Diejenigen, die niemals so leben wollen wie diese Indianer, im Einklang mit ihrer Seele und auch die nicht, die sich bemühen, weil sie sich ständig sagen müssen, sie haben nichts erreicht, außer dass sie erneut missverstanden wurden. Ich trage keinen Hass in mir herum, Clarissa, manchmal kommt noch die alte Wut in mir hoch, der Zorn auf diese Leute wegen dieser Ungerechtigkeiten, wenn ich mir allerdings die Menschen genauer anschaue, dann tun sie mir nur leid. Sie leiden und wissen es nicht. Sie wissen nicht einmal mehr, was es heißt zu leben. Sie sind schon längst gestorben und haben es nicht gemerkt. Ich jedoch weiß noch, was das Leben ist, weiß noch, was die Wahrheit und was Lüge ist. Dies können viele Menschen von heute nicht mehr. Sie lassen sich berieseln, formen von ihrer Umgebung und nehmen alles dankbar an, was man ihnen vorsetzt. Ich sage dir, so friedliebend meine Urwaldindianer auch dir erscheinen mögen, eines können sie bis auf den heutigen Tag noch, im Gegensatz zu diesen Heuchlern und Verlogenen, die an den höchsten Positionen sitzen. Sie können noch kämfpen für die Rechte ihrer Dorfbewohner, sie können Konflikte lösen und sie schaffen es, dass Frieden einkehrt in alle Hütten. Dies schaffen unsere Politker nicht mehr. Sie behaupten zwar, sie kämpfen für uns, es ist aber mehr ein Kampf um die höchsten Ämter und um das meiste Geld, oder wenn es andere Länder betrifft, der Kampf um die Bodenschätze der sogenannten Bösen, die man ausrotten und vertilgen muss mitsamt der gesamten Bevölkerung, weil sie angeblich im Besitz von Atombomben und anderen gefährlichen Waffen sind. Das ist kein Kampf mehr, sondern ein weltweites Abschlachten Hunderttausender Menschen, ein weltweites Sterben, ein stiller Tod, wenn man so will, denn still sind sie alle, weil sie selber nicht betroffen sind. Im Gegenteil sie sind froh, dass sie nicht betroffen sind, es andere erwischt hat und sie noch einmal Schwein gehabt haben. Diese unsere zivilisierte Gesellschaft, Clarissa, lebt schon längst im Abgrund, sie ist schon abgestürzt, nicht dass wir den Abgrund noch sehen vor uns. Wir leben bereits in der Hölle, darum vertrösten sie uns auch auf den Himmel. Nur der wird niemals kommen, es sei denn wir lieben es, von Strahlungswaffen, die Erdbeben, Hurrikans, Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen erzeugen ins Jenseits befördert zu werden. Das dies so ist, ist meiner Meinung nach vielen Menschen klar. Was ich jedoch nicht verstehe ist, warum die Menschheit nichts tut außer sich wegdrehen, wegschauen anstatt zu helfen und sich endlich mal zur Wehr zu setzen. Mit letzterem meine ich sicherlich nicht, dass man lautstark dagegen protestiert, Manifeste erlässt oder ein paar Fernsehauftritte organisiert um sich gut der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Mit Wehren meine ich etwas anderes. Dieses arme Mädchen, diese Mörderin lebt jetzt im Gefängnis und diese Mauern dort, sind streng bewacht und die Fenster mit Gitterstäben umgeben. Wir aber, die noch frei herum laufenden und total verrückten Wesen der Erde, haben hier andere Mauern errichtet in unserem Staat. Viel dickere Mauern, unsichtbare und trotzdem nicht zu durchdringende Mauern. Denn den wenigsten gelingt es, diese Mauern zu durchbrechen und die größte aller Mauern ist die Mauer des Schweigens, des Verdrängens und des Versteckens. Wir verstecken uns hinter allem. Wir geben von uns nichts preis. Wir wagen es nicht, wie dieser Indianer unsere Schuld, uns einzugestehen. Wir sind solche erbärmlichen Feiglinge, dass wir es niemals zulassen würden, unsere Fehler öffentlich zu bekennen. Das käme in unserer Welt einem Selbstmordkommando gleich. Wer gibt schon seine Schwächen zu und wer bekennt seine Stärken? In beiden Fällen würde bei einer öffentlichen Kundmachung der andere erniedrigt, eingesperrt, gefoltert, er würde auf jeden Fall in den Dreck gezogen werden. Wie aber haben diese Einheimischen reagiert? Sie haben applaudiert, geklatscht, weil sie sich gefreut haben, dass zwei fremde Menschen sich vertragen, der Friede durch wenige Worte hergestellt war. Darum habe ich es auch vorgezogen, bei vielen Menschen nichts mehr zu sagen, wenig zu sagen, nur mehr das Allernotwendigste zu sagen, weil alles andere zwecklos ist. Sie begreifen nicht. Sie sind so armselig, sie können sich diesen Zustand der Seele nicht erklären, dass man auf diese Art und Weise auf dieser Erde leben kann und stempeln diese Seelen als verrückt ab.