Freitag, 13. Januar 2012

TEXTE; Band 14 DU und ICH Roman



Ar’Eliah-Sha’ar

Du und ICH

Roman

Band 14

Der Traum

Sie schritten einher, ein jeder ging dabei seinen eigenen Weg und doch gingen ihn beide zusammen. Er, ein Weißer, ein Mann, marschierte genau zwei Millimeter hinter dem kleinen schwarzen Jungen oder war es doch ein Mädchen, genau konnte er es nicht sagen, denn dieses Kind, das vor ihm da felsenfest seinen eigenen Weg ging, stammte aus, er wusste es nicht mehr, woher es kam, welche Heimat es sein eigen nannte, es marschierte schon lange an seiner Seite und hatte ihm stets Freude und Glück gebracht. So marschierte er zusammen mit dem Kind, dessen Namen er nicht einmal wusste und doch hatte es einen solchen. Kosmisches Kind nannte es sich und er hatte mit diesem Namen nichts anzufangen gewusst, aber als er feststellte, dass unter der Schirmherrschaft dieses kleinen Kindes vieles gelang, was ihm bisher versagt geblieben war, beschloss er, zu gehen an der Seite mit diesem Kind. Dabei störte es ihn nicht, dass er manchmal hinten nachhinkte, taumelte oder schwankte, das Kind, das da seelenruhig einen kleinen Fuß, bald den linken, dann den rechten, nach vorne auf den Boden, Mutter Erde setzte, ließ sich nicht beirren. Es drehte sich niemals um, obwohl die Distanz zwischen beiden scheinbar größer geworden war. Erst als der todesmutige Mann am Ende seiner Kräfte schon glaubte, dieses kosmische Kind für immer verloren zu haben und seine Hand nach seiner ausstreckte, merkte er plötzlich, dass er wieder im Gleichschritt mit diesem fröhlichen Kind auf einer Sandstraße ging. Er war fröhlich wie dieses Kind und er sagte sich, dass es bloß ein schrecklicher Traum war, eine Phantasiegebilde, eine Fata - Morgana. Wie konnte er nur glauben, dass er alleine war, hinter diesem Kind, da war dieses Kind, das so merkwürdig war. Es verkörperte alles und als er endlich nach einer sehr langen Wegstrecke mitten durch die Wüste in ein Dorf kam mit einer Landschaft, wo alles noch grün war und die Menschen fröhlich waren und lachten und weinten, standen sie alle auf seiner Straße und bestaunten diesen Fremden der zu ihnen gekommen war. Niemand wusste, wer er war und warum er hier war, wer ihn geschickt hatte und was er von diesen Leuten wollte. Er hatte nur eines im Sinn, im Frieden leben, er bat um die kleinen Dinge im Leben und er wollte nur eines: diese innere Kind, das er einst vor langer Zeit da draußen auf den Straßen der Wüsten der Erde gefunden hatte, nie mehr aus den Augen verlieren, er wollte immer an der Seite dieses kosmischen Kindes gehen. Dieses Kind hatte ihm auf seiner Wanderschaft vieles gelehrt, erstens einmal die Gleichmut und die Sanftmut, dann die große Weisheit des Himmels, den es als seine eigene Heimat anerkannte. Es – dieses Kind wusste, dass auf dieser Erde nicht notwendig war, das innere geschundene Kind auferstehen zu lassen eine Menschenleben lang, dass es genügte, sich des kosmischen Wege zu bedienen, der besagte, dass Platz genug wäre für alle Wesen dieser Erde, sogar für die, welche vom Himmel einst auf die Erde gekommen waren. Darunter zählte dieses Kind eben auch jene Menschen, weil diese – ihre wahre kosmische Abstammung vergessen hatten und weil sie seit Jahrtausenden nichts anderes taten, als das innere Kind zu töten.

Die Leute rings und rechts von der Straße staunten diesen merkwürdigen Mann an, der einsam und verlassen seinen Weg beschritt. „Komm“, sagte, da plötzlich eine Frau, „wir wollen ihn ein Stück begleiten“, und tat es und schritt hinter ihm her. Ihr folgten viele andere, Männer, Frauen und Kinder. Kinder, die wussten, dass sie Rechte besaßen, dass es nicht mehr notwendig war, sie zu versklaven, die wussten, dass sie genau wie die Erwachsenen über genügend Potential und vor allem über Würde und Größe verfügten.

Aus war der Traum, ein Mann stand auf einer Landstraße, neben ihm die große breite Spur der Autobahn. Wie sie alle dahinbrausten in ihren schnellen Vehikeln, vorbeiflitzten, als gehöre keiner mehr zusammen. Jeder ging seinen Weg und wenn er da hinunter sah auf die modernste Autobahnstrecke des Landes, graute ihm vor dem, was er da sah. Wege, die überall hinführten, hierhin und dorthin, doch sie führten die Menschen nicht mehr zusammen, sie führten sie noch mehr auseinander. Wohin? Das wusste er nicht, er ahnte nur mehr die Tragödie. Ließ sie sich verschieben oder gar verhindern. Das Kind – fiel ihm, er war auf dieser Wüste gegangen und eines Tages stand ein Kind vor ihm, mal ein schwarzes kleines Slum Kind, mal ein größeres weißes Stadt- und Straßenkind. Er hatte viele Kinder gesehen, er hatte sogar das verlassene Kind in den Erwachsenen gefunden, dann erst, so erinnerte er sich, weiter in seinem Traum, war dieses sonderbare Wesen erschienen, ein Kind, ohne Namen wie wir, ohne Gesicht und Gestalt. Trotzdem, das wusste er, trug es viele Gesichter, viele furchtbare und traurige Gesichter und – es konnte jederzeit die Gestalt ändern, sich verwandeln in vieles, was er sich nicht auszusprechen getraute, denn davor packte ihn die furchtbare Angst. „Kind“, rief er erschrocken aus, wo bist du? Wo bist du, mein inneres Kind, mein fröhliches, lustiges….mein von Leben strotzendes, Leben bejahendes Kind des Kosmos? Bist du in mir, bist du bei mir….oder bist du tot und ich finde dich erst da draußen auf den breiten Straßen dieser Welt?