Sonntag, 22. April 2012

MA 2412
Da mir noch ein paar Gedanken zu unseren Wiener Beamten eingefallen sind und vielen Leserinnen und Leser meine Geschichte gefallen hat, hier die kurze und letzte Fortsetzung:



MA 2412 – Die Dreharbeiten


Ort:Amtsgebäude der MA 2412, Büro von Knackal, Breitfuss und Weber


Es ist kurz vor zehn Uhr, man sieht das Zimmer von Herrn Weber und Herrn Breitfuss, plötzlich wird die Tür aufgerissen und Breitfuss stürzt bei der Tür herein, er ächzt und stöhnt, so dass man glauben könnte, er hätte schon den ganzen Tag geschuftet. Seine funkelnagelneue Tasche schmeißt er gekonnt auf seinen Schreibtisch, dann saust er ins Kopierkammerl, wirft die Tür zu, kommt gleich darauf mit der Klopapierrolle wieder heraus – und weg ist unser Beamter, verschwunden auf der Toilette, wo er es sich gemütlich macht.

Nun ist unser supertolles Büro, das zwei Männern und einer Frau gehören, wieder leer, doch nicht lange, der Zeiger auf der Uhr bewegt sich, 10 Uhr ist vorbei, da geht ganz zaghaft die Tür auf, langsam, man sieht noch nichts, aber Herr Weber, denn das muss er sein, schiebt sich langsam ins Zimmer, voll bepackt mit allerlei Schundhefteln, Krimskrams und Sackerln. Die Tür ist noch immer offen, da lässt auch er sich stöhnend in den Sessel fallen. Fast viertel elf, Gott sei Dank, nur mehr etwas mehr als eine Stunde, dann kann er auf Mittagspause gehen. Herr Weber sieht die offene Tür und ignoriert sie. Wozu aufstehen, wenn man mal sitzt, warum die Beine unten lassen, wo es doch so bequem ist und er durch so viele Geschäfte gelaufen ist. Er macht ein Paket auf, seine Jause und fängt zu essen an, die Beine am Schreibtisch, er kaut langsam, warum auch schnell, wo er doch Zeit hat. Nur komisch, dass die Knackal heute nicht da ist und so laut telefoniert. Ein Wahnsinn ist das immer mit dieser Frau, ihre Telefoniererei treibt ihn noch in diesen Wahnsinn. A Frechheit von der Frau, dass sie nach seiner Beförderung in diesem Zimmer noch sitzen darf. Da erinnert ihn seine innere Stimme, dass ja alle eine Beförderung bekommen haben, alle vier von der MA 2412, die Knackal eingeschlossen. Die Knackal, ja wo ist sie denn? Auf Außendienst? Weber wirft einen Blick auf seinen Kalender. Nein, natürlich nicht – die ist doch unterwegs, richtig, auf dem Weg zu diesem komischen Kerl, wie hieß der noch? Richtig, der Regisseur. Den Namen von dem Typen hat er fast vergessen. Heute ist doch Drehbeginn. Drehbeginn von diesem blöden Knackalfilm, hat der Kollege Breitfuss gesagt. Da geht er nicht hin, sagte gestern noch sein Herr Kollege. Weber macht einen großen Bissen und legt das Essen weg. Nein,  es schmeckt ihm nicht. Das liegt ihm ordentlich im Magen, heute ist Drehbeginn. Ihre wunderbare Reise wird verfilmt und er ist nicht dabei. Das wurmt ihn schon. Am besten ist es, wenn er sich mal so richtig ausschläft hier in dem Büro – bis der Breitfuss kommt, denn eines ist sicher, die Knackal wird heute nicht erscheinen, und auch morgen nicht, und auch der Herr Klaus wird nicht hier sein im Büro der MA 2412, weil alle zu diesem Wahnsinnigen hingelaufen sind, um eine Rolle zu kriegen.
Weber gähnt, verschränkt die Arme nach hinten und schließt die Augen. Wie schön ist es zu träumen in einem Büro, Träumen – ja, wovon?

Breitfuss ist inzwischen mit seiner Angelegenheit fertig, kommt seelenruhig zur offenen Tür und sieht seinen Feind Weber, wie der ruhig hier vor sich hinschlummert. Leise wie eine Wildkatze schleicht er sich an, in der Absicht Herrn Weber zu erschrecken. Doch kurz bevor Breitfuss noch ein Sterbenswörtchen sagen kann, reißt Weber die Augen auf und brüllt Breitfuss an.

Weber (brüllt laut): Machens die Tür zu, ich kann nicht arbeiten.


Breitfuss (grinst)

Weber: Glaubens, ich hab sie nicht bemerkt? (schließt wieder seine Augen und versucht zu dösen)

Breitfuss: A bissl spät kommens, meinens net? Ich sitz schon seit zwei Stunden hier? Und sie?

Weber: Ich – hab sie vor einer halben Stunde beim Billa gesehen, wie sie mit einer Verkäuferin getratscht haben.

Breitfuss: Ich? Da hab sie sich a wenig verschaut. Ich hab bereits die ganzen Akten durchgeschaut.

Weber: Welche Akten? Die, die noch in ihrer Taschen sind? Ist des das Erbstück von ihrer Frau Mama?

Breitfuss (wird sauer, seine neue Tasche ist ihm heilig): Das ist kein Erbstück, das ist meine Aktentasche, bitte sehr – und die Akten – die hab ich zu Hause gehabt.

Weber (zieht ihn auf): Wirklich? Sie nehme schon Akten vom Büro mit nach Haus?

Breitfuss ist schlecht gelaunt und will sich heute auf keine Streiterei einlassen: Wo nur die Knackal bleibt, alles so ruhig.

Weber: Was? Des wissen sie net? (wirft seine Beine am Tisch anders herum und fischt sich seine Jause wieder raus und stopft hinein)

Breitfuss: Was ist? Was stopfen sie sich da in den Mund?

Weber: Na, Dickmanns sind das keine….übrigens….die Knackal…

Breitfuss (neugierig): Ja?

Weber: …die kommt net.

Breitfuss: Das seh ich…und wo ist sie?

Weber (mampft weiter, bis er fertig ist, Breitfuss nähert sich ihm noch mehr, brüllt dann laut): Die ist bei den Dreharbeiten, habens des vergessen.

Das hat gesessen, Herr Breitfuss macht kehrt und marschiert zu seinem Schreibtisch. Seit es bekannt ist, dass der Film gemacht wird, der sogenannte Knackalfilm, sind beide Herrn auf diese Frau schlecht zu sprechen. Sie sind die einzigen, die nicht mitmachen wollten. Klaus hat eine Rolle bekommen, der Kopierfredie hat drei Rollen verlangt, die Knackal wollte selbstverständlich sich selbst spielen, doch die beiden Herren der Schöpfung haben eine Mordswut. Nicht genug, dass sie damals diese verrückte Reise tun mussten und dafür jeder einen Orden bekommen hat, jetzt wird ihre Reise hier in Wien verfilmt, doch da spielen sie nicht mit. Sie sind nicht gefragt worden, ob ihnen der Regisseur zu Gesicht steht – und es war ja selbstverständlich, dass sie so blöde Rollen wie ihre nicht angenommen haben. Wer spielt schon sich selbst. Das macht nichts, hat eines Tages die Knackal erzählt, weil es sehr viele Bewerber gibt. Ich glaub, hat sie gesagt, 386 männliche und 475 weibliche Darsteller, oder so ähnlich, wollen den Herrn Weber spielen, darauf hat der Herr Weber den Herrn Breitfuss angeschaut, danach dieser seinen werten Herrn Kollegen und beide haben sich an den Kopf getippt. Jaja, die Knackal hat einen Vogel, haben sie laut dem Herrn Klaus erzählt, weil da ein Film gedreht werden soll ohne sie beide. Aber –beide Männer sind stur geblieben, wie es sich für Wiener Beamte gehört, um so diesen blöden Knackalfilm zu verhindern. Leider hat da der Regisseur nicht mitgespielt neben vielen anderen Leuten und darum ist heute, da irgendwo in Wien, erster Drehtag und sie, Weber und Breitfuss, sitzen an ihrem Schreibtisch und tun gar nichts, werden nicht dabei sein.

Breitfuss (spielt mit seinem Auto herum und legt es wieder weg): Was sagen‘s zu dem Film?

Weber (kaut weiter) Zu welchem Film?

Breitfuss: Na über uns? Sie wissen schon…die drehen an Film über uns…ohne uns!

Weber: Wenn es sie stört, dann gehen‘s doch hin!

Breitfuss: Wohin?

Weber: Na dorthin…zum Drehort.

Breitfuss (verärgert, weil es ihn doch wurmt):Und wo soll des sein?

Weber: Was? Des wissen‘s net, ist in allen Zeitungen gestanden. (hält ihm seine Zeitung entgegen)…a Zeitung braucht der Mensch…und Lesen sollte man können.

Breitfuss ist verärgert, weil er nichts erfahren hat. Er widmet sich ganz seinen PC, schaltet ihn ein und hat Probleme, fängt zu fluchen und zu schimpfen an.

Weber (beobachtet ihn dabei und grinst sich eins): Schön langsam sollten‘s wissen, wie man diese Kiste bedient, a Knopfdruck und er geht an, zumindest bei mir.

Breitfuss blickt herum, weil sich am Bildschirm noch immer nichts tut.

Weber: Aufdreh‘n müssens ihn…aufdreh‘n!

Breitfuss: Und warum sind sie schon wieder drinnen als erster?

Weber: Ganz einfach, ich dreh ihn nicht ab, Vollkoffer…der ist auf Stendbei.

Klaus ist plötzlich da und will sich einmischen und belehren.

Breitfuss (bemerkt ihn verärgert): Sie, Herr Klaus, können gleich marschieren…

Klaus: Aber aber…man wird doch noch ein wenig helfen dürfen.

Breitfuss: Sie….sie brauche mir nicht helfen…ich…kenne ihre Hilfe…der Frau Knackal helfen‘s ja ständig…

Weber: Eifersüchtig ist er…weil er sich net auskennt mit seinem PC…und noch immer net die richtige Einschalttasten findet.

Klaus: Sie beide sind nur alle sauer, weil sie im Film nicht mitspielen…das ist der Grund.

Weber: So einen Grund brauche ich nicht, sie etwas Herr Kollege?

Breitfuss (zustimmend): Wer braucht a so einen Knackalfilm…hier in Österreich?

Klaus: Das wird ein Erfolg…hier in Österreich.

Breitfuss: Und – was sagt die übrige Welt dazu?

Weber: Ja, Herr Klaus. Was sagt der Rest der Welt dazu? Dass wir zwei Volltrotteln sind?

Klaus: Das habe nicht ich gesagt, das stammt aus ihrem Munde.

Weber(gibt die Füße plötzlich runter vom Tisch und steht verärgert auf): Na, aber das wollens uns doch die ganze Zeit einreden. Wir zwei, wir wären die größten Idioten, wenn wir nicht in diesem Film mitspielen würden? Das ist doch so, Herr Klaus, net wahr. Dieser Knackalfilm, das haben doch sie uns eingebrockt. Wir sollen uns bewerben. Aber – wir sind doch net deppert, dass wir uns an diesen Regisseur wenden und den bitten, dass er uns mitspielen lässt, (wird lauter) – unsere eigenen Rollen.

Breitfuss (ist auch zornig geworden): dass die ganze Welt uns auslacht, uns als Deppen bezeichnet,….(auch lauter werdend) über uns herfällt und sagt, wir hätten kein Talent zum Schauspielen, wir wären zu blöd für die kleinste Rolle…na, das lassen wir nicht zu, dass da irgendeiner aus diesem schönen Lande Österreich mich, den Herrn Obersenatsrat Ing. Engelbert Breitfuss durch den Kakao zieht.

Beide, Weber und Breitfuss stehen drohend vor Klaus.

Klaus: Ich bitt sie meine Herrn, das ist doch nur ein Spiel. Man wird über sie lachen, sicherlich, aber als gute Schauspieler….(weiter kommt er nicht)

Breitfuss (wütend): Wir sind aber keine Schauspieler.

Weber: Er ist so blöd, verstehn sie, er stellt sich nicht blöd an.

Breitfuss: Was ist? Was haben sie sich gerade erlaubt?

Weber: Sie können sich gar nicht verstellen, auch wenn sie es könnten. Jeder Mensch würde sofort wissen, dass des nicht echt ist.

Klaus: Das ist richtig. Sie spielen nicht und das wird das Publikum verstehen und sie deswegen lieben.

Breitfuss: Wir sind keine Trotteln, mein Herr, wie sie glauben. Wir sind…

Weber: …wir sind keine Schauspieler, da stimme ich ihnen zu. Sie können sich gar nicht verstellen…wie denn auch, bei der Frau, die sie haben (zeigt das Bild seiner Gattin her)…und mit dem Toupet?

Breitfuss (brüllt): Lassen sie meine Frau in Ruhe…ja…und im Übrigen…bin ich noch immer ihr Vorgesetzter.

Weber: Nix do, ich bin mein eigener Chef, seit ich meine Beförderung gekriegt habe.

Klaus: Aber bitte meine Herrn, lassen sie doch diese Streiterei. Wenn sie schauspielern würden, hätten sie dieses Problem nicht.

Weber und Breitfuss (gleichzeitig): Welches?

Klaus: Dass sie sich streiten. Im Film müssten sie zusammen arbeiten und ihr Chef wäre der…

Weber: …ah, ich verstehe…der Herr…Herr Regisseur…

Breitfuss: Hm, äh….

Weber: Stehn sie auf der Leitung? …den könnt man ärgern…wir zwei!

Breitfuss: Ärgern? So richtig ärgern? Ah…

Weber: Was sagns? Wär des was für uns?

Breitfuss: Danke, Herr Klaus, eine feine Sache, wenn man sichs genau überlegt.

Weber: Den Einfall hab ich schon früher gehabt – doch sie haben immer dagegen g‘sprochen.

Breitfuss: Der Knackal könnt man einiges drein pfuschen, nicht wahr? Was 
sagen sie dazu?

Klaus: Ich empfehle mich…ich erwarte sie dann…äh….(weg ist er)

Breitfuss: Fort ist er…

Weber: Was haben sie gedacht? Die sind doch alle weg…

Breitfuss: Und wo – wenn ich fragen darf?

Weber: Im Studio! Die fangen doch zu drehen an.

Breitfuss: Wissen sie, wer der Boss…sie wissen schon…dieser Regisseur ist?

Weber: Was geht des mich an! Ich weiß, wer ich bin und vor allem wie ich bin.

Breitfuss: Ja, fies. Des weiß doch hier jedes Menschenkind.

Weber: Oiso, gehen wirs an…

Breitfuss: Was?

Weber: Na was?

Breitfuss: Das Filmen?

Weber: Haben sie da irgendwo eine Filmkamera gesehen? Das Proben! Mit dem Proben fangen wir an, mit unserer Szene, mit unserem Text.