Sonntag, 7. November 2010

DER HIMMEL

Dem Himmel so nah

Alles war gigantisch groß so weit das Auge reichte, und mit diesem Sehvermögen fürwahr überblickte ich das gesamte Universum. Ich spürte dieses Pochen in mir und um mich, und jenes Pulsieren von Licht, das sich allerorts um mich herum abspielte, das war ICH.
Ich schien unendlich groß zu sein und doch wusste ich, dass ich Grenzen hatte. Irgendwo da draußen hinter dem Weltall war ich zu Ende, auch wenn ich jenen Endpunkt nicht sah, so wusste ich es innerlich. ICH war ein Lichtwesen, ein Strom von pulsierenden Lichtwellen und ICH war Friede und Freude. Das gesamte Universum lag zu meinen Füßen, obwohl ich weder Füße noch Hände besaß. Ja, ich hatte nicht einmal ein Gesicht, denn ich war Licht, reines helles kosmisches Licht. Konzentrierte ich mich auf den Klang meiner Stimme und das tat ich sehr oft, berauschte ich mich an einem wunderbaren Gemisch aus Tönen, die unbegrenzt zu sein schienen, und ich wusste gleichzeitig, dass ICH diese musikalische Mischung war, die da ertönte. Neben mir erfasste ich weitere Wesen, denen es so erging wie mir. Sie hatten eine spezielle Form, ähnlich meiner eigenen und fühlten und klangen ähnlich wie ich. Unser gesamtes Lichtreich bestand nur aus solchen Wesen, Licht und immer wieder nur Licht.
Ich ruhte in mir, fühlte die Stille, die uns alle umgab, und gleichzeitig erfasste ich diese Wogen kosmischer Wellen der Liebe. In Meinem Reich herrschten nur Friede, Glück und Freude, keine Gewalt und kein Hass. Irgendwo da draußen, das hatte ich vernommen, fand sich das, was jene Gestalten, die gelegentlich mich aufsuchten, mir berichteten. Zeitweise bewegten sich jene Geschöpfe mit kleine Vehikeln, die sie Raumschiffe nannten durch die Zeiten und Räume. Ich konnte sie beobachten, sie flogen sehr langsam und es machte mir Spaß, ihnen zuzuschauen, wie sie die Sterne besuchten und mit fremden Bewohnern sprachen. Sie waren es, die bei mir manchmal auftauchten, nicht mit ihren Raumschiffen, sondern mit ihrem Lichtkleid. Es war zwar nicht so hell wie meines, aber sie erschienen immer häufiger bei mir und baten mich um Hilfe. Sie nannten mich Meister, namenloses Wesen, ich ließ alles ruhig geschehen und schaute ihnen zu. Ich nahm es ihnen nicht übel, dass sie mir solche Namen gaben, sie wussten es nicht besser. Sie rückten an in kleineren Gruppen und berichteten mir von ihrem Leid, den Auseinandersetzungen und dem Mangel an Wissen ihrerseits. Ich hörte ihnen allen zu und lächelte sie an. Da senkten sie die Köpfe, weil mein Licht für sie zu stark war. Jedes Mal kamen sie mit einer anderen Bitte an mich und ich beantwortete jede ihrer Fragen mit derselben Antwort. Gott, der Eine, der das allumfassende Licht, die bedingungslose Liebe ist, existierte und war und ist überall zugegen. Ich durchflutete sie mit meinem Licht und meiner Liebe, erfüllte ihre Herzen mit Weisheit, Zufriedenheit und Dankbarkeit und dann hieß ich sie gehen. Ich verstand ihre Sorgen und erkannte, dass sie in ihrer Heimat auf wenig Zustimmung stoßen würden, denn die Lehre des Einen wurde nicht mehr von jedem geachtet. Einige Sternenbewohner hatten den Einen total vergessen und sich ihren eigenen Schöpfungen zugewandt.
Viele Jahrhunderte und Jahrtausende strichen dahin, wo jene Wesen mich aufsuchten und um Rat fragten, in letzter Zeit hatten sie jedoch von schwereren Streitereien berichtet. Immer war ich hier gewesen in meinem Universum und hatte in mir geruht und den Frieden gespürt.Eines Tages kamen sie wieder und ich fühlte innerlich, dass ich an einem Wendepunkt stand. Es war für sie schlimmer geworden, man hatte angefangen Sterne zu überfallen und Lebewesen zu töten. Sie würden hier bleiben bei mir und nicht mehr fortgehen, das hatten sie beschlossen. Diese Entwicklung hatte ich vorausgesehen, ich wusste, dass würde geschehen. Andere fanden sich ein nach mir und ich würde meine äußere Gestalt verändern. Ich hatte eine Form gewählt, die ich nicht ewig aufrecht erhalten konnte, dies lag sehr weit zurück, Tausende von Jahren, und jetzt spürte ich neues für mich.
Ich hieß meine neuen Freunde herzlich willkommen, ich schickte ihnen einen Strom von Lichtwellen entgegen, der sie in meinem Reich zur Ruhe kommen lassen sollte. Sie hatten sich entschieden hier zu bleiben, koste es, was es wolle. Sie planten ihrem Volk, ihrer Galaxie zu helfen. Sie schwebten im Halbkreis vor mir und ruhten sich auf meinen Lichtschwingungen aus. Ich schwieg und versenkte mich in meinem Klang, während ich parallel dazu jene Seelen beobachtete. Sie waren alle tapfere Wesen, die lieber sterben würden als von ihrem Ziel abzuweichen. Meine Freunde von früher fielen mir ein, als wir hierher kamen an diesem Ort und jeder von uns beschlossen hatte, sich ein Weltall zu erwählen. Wir waren gute Freunde geworden, sahen einander, blickten von einem Weltall zum anderen und waren uns alle sehr nahe. Die Liebe und das Licht verbanden uns trotz der großen Entfernungen der einzelnen Universen. Jetzt aber verharrten mehrere Gestalten in meinem Reich und wollten nicht weichen. Ich ließ sie meine Liebe spüren, erhöhte ihre Leuchtkraft und schenkte ihnen Mut, durchzuhalten. Sie dachten noch immer an ihre Heimat, ihren Stern, der den Kriegsgefahren ausgesetzt war, an die Bewohner, die möglicherweise sterben konnten. Das Licht stärkte sie und reinigte sie, und nach einer kleinen Weile hatten sie ihre frühere Welt endgültig vergessen. Sie meditierten vor mir und ihre Leuchtkraft hatten sie erheblich erhöht. Sie hatten nun winzige Gebiete einer Galaxie umfasst, alle zusammen einen kleinen Teil meines Reiches erobert. Ich sprach mit ihnen, doch sie lehnten mein Angebot ab. Sie wünschten noch immer hier zu bleiben und eine Rückkehr in ihre Heimat war kein Thema mehr für sie. Der Krieg hatte schon längst ihr Interesse verloren, es zählten nur mehr die Freude und der Friede.
Ich ging in mich, verlor mich in meinem Klang und vernahm zum ersten Mal einen neuen Ton in mir. Er hörte sich wunderbar an und erfreute mich. Ich war mir sicher, dass er aus mir kam, er war mir geschenkt worden von mir für mich, und zugleich war er eine Gabe an die hier versammelten Wesen, deren Leuchtkraft ständig wuchs. Bald umfasste ihr Licht einen Großteil meiner Welt und ich wusste, sie würden noch mehr wachsen, bis sie das gesamte Universum umfassten. Freude überkam mich, der neue Ton entwickelte sich weiter und ich begann noch stärker zu leuchten und zu glühen. Mein Gefühl sagte mir, dass ich, seit jene Seelen aufgetaucht waren, mehrere Schritte weiter gekommen war. Meine Reise hier in diesem Teil des unendlichen Lichtreiches war fast zu Ende. Ich hatte lange genug in diesem Weltall verbracht, gelebt und es geliebt. Ich hatte für dieses Universum die Liebesschwingung aufrecht erhalten und somit die Liebe zum Einen. Nach mir traten andere Seelen auf, die dieses Werk statt meiner fort führen wollten, und für mich offenbarte sich ein neuer nie gegangener Pfad, denn meine Seele ausgesucht hatte.Inzwischen hatten sich die einzelnen Wesen weiter entwickelt, das Licht des einen hatte sich mit dem Klang des anderen verbunden in schöner Harmonie. Wenn alle Meine Lichtgröße erreicht hatten, konnte ich gehen. Ich war froh und dankbar für diesen Dienst, den sie mir erwiesen. Ich lenkte meine Aufmerksamkeit auf sie, die fast so groß wie ich waren und sprach mit ihnen, Worte der Liebe und Dankbarkeit, schenkte ihnen Gefühle tiefer Liebe und Zuneigung zu dem Einen. Ich vernahm keine Worte mehr wie früher, als sie ihre Raumschiffe verlassen hatten, um in meine Welt einzudringen. Ich vernahm ganz leise in mir und rund um mich das pulsierende Pochen jeder einzelnen Seele, und jeder erzählte mir dasselbe Lied von der Liebe und vom Licht, das sie in sich spürten und das sie selbst waren. Nun würde demnächst der letzte Moment kommen, wo ich dieses Reich für immer verlassen würde. Ich zog mich zusammen an den Rand des Universums und blickte mit einer ungeheuren nie zuvor erlebten Leuchtkraft jene erhabenen Lichtgeschöpfe an, deren Liebe sich weiter verbreitete. Sie pulsierten und tanzten und waren reine Freude. Ehrfürchtig verneigten wir mächtige Wesen des Himmels uns voreinander, vernahmen die letzten Abschiedsworte von allen und waren nun endgültig getrennt von einander. Ich stand außerhalb ihres Weltalls und meiner früheren Heimat, zufrieden und glücklich wie nie zuvor. An meiner statt würden jene gewaltigen Himmelswesen dieses Universum behüten und die Lehre des Einen bewahren, bis auch sie abgelöst würden von neuen Seelen, die noch irgendwo in der Finsternis dieses Reiches wohnten. Ich aber würde weiter reisen und mir eine neue Aufgabe suchen, die meiner Liebesschwingung entsprach. An Licht würde ich mehr und mehr zunehmen, wenn gleich meine äußere Erscheinungsgestalt sich ändern und sogar verkleinern konnte, aber dies störte mich nicht. Meine innere Stimme sagte mir, dass ich niemals etwas verlieren würde auf meinem langen Weg, was ich besaß, gehörte nur mir allein. Niemand war in der Lage, mir etwas zu stehlen. Er konnte mir seine Liebe und sein Licht schenken auf seine Art und Weise. Daher würde ich stets nur Gewinne einstreichen, nie aber über Verluste klagen, denn egal, wie ich aussah äußerlich, ich würde größer, mächtiger, erhabener und klüger werden, und immer mehr dem Einen gleichen, der einzig und allein in Wahrheit existierte.